Von Fehlern, Korrektur und selbstbestimmtem Lernen

Wenn sich das nächstes Mal jemand darüber beschwert, dass du einen Fehler gemacht hast, sag ihm, dass dies eine gute Sache sein könnte. Denn ohne Unvollkommenheit würden weder du noch ich existieren.

       Steven Hawking

Aus einem begangenen Fehler eine Erkenntnis zu ziehen ist manchmal schmerzhaft, manchmal ernüchternd und manchmal erleichternd. In jedem Fall kann ein Fehler erhellend sein. Jedoch sind in einer effizienzgetriebenen Gesellschaft die Möglichkeiten durch Fehler selbsständig zu lernen eingeschränkt. So werden Fehler häufig bestraft und ihr Begehen als negativ empfunden.

Was ist eigentlich ein Fehler?

Als Fehler bezeichnen wir Abweichungen von einem Soll- oder Normzustand. Im mathematisch-technischen Bereich lässt sich eine Soll-Ist-Abweichung meist recht einfach feststellen. Im sozialen Bereich ist das oft schwieriger, denn jede Kultur hat ihre eigene Ordnung. Was bei den einen normal erscheint, ist bei anderen verpönt und gilt als beleidigend.

Um Fehler besser zu verstehen und sie letztendlich zu korrigieren ist es sinnvoll sie unterschiedlich zu klassifizieren. Eine Möglichkeit dies zu tun, ist eine Zuordnung zu dem zugehörigen Prozessschritt. So kann in einerseits Denk-/Entscheidungsfehler und andererseits Handlungs-/Ausführungsfehler unterteilt werden. Denkfehler fallen in der Regel erst später auf und ziehen meist eine aufwendigere Korrektur nach sich.

Darüber hinaus lassen sich Fehler hinsichtlich ihrer Häufigkeit einteilen in Einmalige sowie Systematische Fehler. Über Einmalige Fehler wird man sich in der Regel selbst bewusst, wohingegen Systematische Fehler eher unbewusster Natur sind.

Fehler sind schlecht! - Oder doch nicht?

Unsere Gesellschaft fördert das Streben nach Leistung und Perfektion. Fehler haben darin keinen Platz, denn sie sind vorrangig negativ beladen. Wer Fehler macht, hat meist Schuld! Dabei können sie unseren Lernprozess bereichern, wenn wir bereit sind Dinge zu verändern. Nicht umsonst findet sich in jeder Sprache dieser Welt das Sprichwort: "Aus Fehlern wird man klug".

Innovationen Raum geben

In unserer Arbeitswelt gilt weitestgehend das Null-Fehler-Toleranz Prinzip. Wir haben ein Ziel. Wir haben einen Zeitplan. Wie kommen wir am schnellsten von Ist nach Soll? Jeder Fehler hält dabei unnötig auf. Jemand, der Fehler macht, steht schnell am Pranger. Als Konsequenz werden keine Risiken eingegangen. Die gängige Devise ist in Deckung zu bleiben. Lieber weniger machen und beim Altbewährten bleiben, als etwas falsch zu machen. Es ist unmittelbar ersichtlich, dass sich diese Konstellation mit dem Innovationsgedanken beißt. Innovation braucht Freiraum und die Chance durch Scheitern falsche Wege ausschließen zu können. Falsifikation ist ein wichtiges Lerninstrument - nicht nur in Wissenschaft und Forschung.

Der Umgang mit Fehlern bestimmt das Lernklima

Auf Fehler möglichst zu verzichten, wird uns allerdings nicht erst in der Arbeitswelt beigebracht. Ein zentraler Punkt in der Schule ist das Bestrafen von Fehlern - im fachlichen Bereich durch Punktabzug - im sozialen Bereich durch das Aussprechen von Tadeln. Begrenzung, Bestrafung und Einengung nehmen immer noch viel zu häufig den Platz von Ermunterung und Motivation ein.

Solche Rahmenbedingungen erschaffen primär angepasste Menschen, die für gute Ergebnisse (auswending) lernen anstatt sich intrinsisch motiviert einem Thema zu nähern, um es tatsächlich zu erlernen.

Besonders kritisch wird es, wenn Fehler durch öffentliches Bloßstellen peinlich gemacht werden, und niemand sich traut Fragen zu stellen. In einem solchen Umfeld herrscht Furcht. Der Lernende ist nicht mehr in der Lage freie Gedanken zu entwickeln und ist in seiner Entwicklung gehemmt.

Im Fußball als Freizeitausgleich müssen Fehler möglich sein

Der Vereinssport im Allgemeinen und der Fußball im Speziellen ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein geeignetes Terrain um selbstständigem Lernen Raum zu geben. Der Sport als Freitzeitausgleich sollte spannungsfrei organisiert werden. Ergebnisdruck herrscht in der Schule meist genug.

Jeder Trainer hat die Möglichkeit Freiräume einzurichten, in denen die kleinen Kicker selbst entscheiden und mit Unterstützung ihre Stärken ausbauen können. Dabei ist ein angstfreies Umfeld, in dem jeder Einzelne den Mut hat Risiken einzugehen und dabei auch mal Fehler zu machen, Voraussetzung.

Eine offene Fehlerkultur schafft:

·         Risikobereitschaft, neue Wege zu gehen, wohl wissend, dass man beim Versuch scheitern kann

·         Erkenntnis, dass man - im Falle eines Misserfolges - es beim nächsten Anlauf anders angehen muss

·         Selbstwert, wenn durch Ausprobieren eigenständig eine gute Lösung gefunden wurde

·         Selbst-/Vertrauen, Fehler dürfen gemacht werden ohne fürchten zu müssen dafür bestraft zu werden

·         Toleranz, wer die eigene Fehlbarkeit erkennt, billigt sie auch anderen zu

Der selbstständig eingeschlagene Weg ist letztendlich der Nachhaltigere. Er ist mit Sicherheit deutlich kurviger, und das Ziel ist oftmals unbekannt. Vielleicht muss man hin und wieder ein paar Kreuzungen zurückgehen, aber er prägt sich letztlich deutlich besser ein. Erfahrungen können wir den Kindern nicht abnehmen. Die müssen sie selbst erfahren. Gerade die Irrwege. Mit entsprechender Korrektur (Coaching) können wir ggf. die Länge des Irrwegs abkürzen.

Fehlerkorrektur & Coaching

Zu akzeptieren, dass Fehler zu einem Lernprozess dazugehören, heißt nicht über sie hinweg zu sehen. Natürlich gehört die Korrektur ebenfalls zum Lernen dazu. Dabei führt das aktive Coaching durch permanente Vorgaben recht schnell zu guten Ergebnissen in den Wettkämpfen. Es ist aber vergleichbar mit dem Auswendiglernen in der Schule. Auf diese Art ist das Gelernte meist nur kurzfristig abrufbar.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ist die Vorgabe des Trainers immer die einzige Möglichkeit? Verbauen wir durch Vorgabe andere Lösungen, an die wir eventuell selbst nicht gedacht haben?

Wir wissen nicht, über welches Können der einzelne Spieler am Ende seiner Ausbildung verfügen wird. Die Ausbildung ist kein geradliniger Weg mit einem konkreten Ziel. Wir sollten den Kids daher kein enges Korsett anlegen. Alle möglichen Lösungen sollten zugelassen werden, sogar jene, an die wir selbst nicht gedacht haben. Dafür braucht es Freiräume für selbstständige Erfahrungen und Fehler.

Natürlich fordert diese Art der Ausbildung von jedem Spieler die Motivation sich selbst verbessern zu wollen. Das ist sowieso die Grundvoraussetzung für jeden Lernprozess.

Nun stellt sich die Frage, welche Art von Fehlern korrigiert werden sollte? Einmalige (bewusste) Fehler bedürfen keiner Korrektur. Wer weiß, dass er etwas falsch gemacht hat, macht es beim nächsten Mal besser oder richtig.

Unbewusste oder systematische Fehler müssen natürlich korrigiert werden. Dabei sollte nicht jeder Fehllauf kommentiert werden, sondern dosiert mit Hilfe von Fragen (z.B. bei Denkfehlern) oder expliziter Korrektur (z.B. bei Ausführungsfehlern) unterstützt werden.

Coaching bedeutet demnach die Korrektur des systematischen - zumeist unbewussten - Fehlers.

Als Kinder und Jugend-Trainer sollte man auf diesem Weg:

·         sich selbst gegenüber geduldig sein. Es ist nicht der Weg des schnellen Erfolges.

·         den Kindern gegenüber Ruhe und Zuversicht ausstrahlen.

·         mit den beteiligten Eltern viel kommunizieren um Verständnis zu schaffen.

Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.

       Konfuzius

Gelassenheit leben

Perfektionisten sind zu mindestens 99% (Schätzwert :)) des Tages unzufrieden. Das ist viel zu viel für nur 24h. Wir Menschen sind nicht perfekt. Wir machen Fehler. Jeder von uns! Die eigenen Fehler zu akzeptieren und andere für ihre Fehler nicht in die Enge zu treiben spart wertvolle Ressourcen und gibt uns Kraft für sinnvolle Dinge.

Es macht das Leben mit unseren Freunden, Nachbarn, Eltern, Partnern und Kindern entspannter.